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Knastleitung in Bruchsal hat nichts gelernt

Knastleitung in Bruchsal hat nichts gelernt

Das Strafvollzugsgesetz kennt unterschiedliche Formen von Vollzugslockerungen: z.b. die Beschäftigung außerhalb der Anstaltsmauern unter Aufsicht von Beamten, oder das Verlassen der Haftanstalt für ein paar Stunden mit/ohne Wärtern (so genannter Ausgang, bzw. Ausführung).

Ein Bruchsaler Strafgefangener, nennen wir ihn Harry Hase, streitet mit der Justizvollzugsanstalt (JVA) seit Jahren um die zeitliche Dauer von Ausführungen, denn seine Ehefrau wohnt in Rosenheim. Das heißt, die Anfahrt mit dem Auto, sowie die Rückreise dauern so lange, dass im Grunde keine Zeit mehr verbleibt, um in Rosenheim seine Frau zu besuchen.

Die JVA, in Gestalt von Regierungsoberinspektor Michael Hotz (einige Gefangene spötteln: „Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Räuber HOTZenplotz heiß'“), will Harry Hase nur acht Stunden Ausführung gestatten, mehr sei den ihn bewachenden zwei Wärtern unzumutbar. Herr Hotz behauptete, dass Ausführungen von mehr als acht Stunden Dauer die - Zitat - „Grenzen der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit der aufsichtsführenden Beamten unangemessen übersteigen“ würden.

Nunmehr hatte sich das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az: 1 Ws 74/06; Beschluss vom 22. Mai 2006) mit einer Rechtsbeschwerde von Harry Hase zu beschäftigen.
Das OLG kam zu einem für die JVA wenig schmeichelhaften Ergebnis: Zum einen stellte der Senat fest, dass die JVA seit Jahren Anträge auf Ausführungen rechtsfehlerhaft ablehnt und somit - Zitat - „die konkrete Gefahr (bestehe), dass die JVA Anträge des Gefangenen (...) auch in Zukunft mit rechtsfehlerhafter Begründung ablehnen“ werde.

Zum anderen führte das OLG an, es habe doch schon problemlos Ausführungen in der Vergangenheit gegeben, die die acht Stunden überschritten hätten. Gegebenenfalls möge die JVA eben mehr Personal bereitstellen.

Lassen wir für einen Moment das Einzelschicksal von Harry Hase beiseite und überlegen, was es für einen Menschen, der seit vielen Jahren weggesperrt ist, bedeutet, ein oder zwei Mal im Jahr (denn mehr Ausführungen werden in der JVA Bruchsal so gut wie nie gewährt, und nur, wenn keinerlei Flucht-/Missbrauchsgefahr vorliegt, darf überhaupt eine Ausführung bewilligt werden) ausgeführt zu werden?

Es handelt sich hierbei schlicht und ergreifend um eine Behandlungsmaßnahme, welche die Lebenstüchtigkeit der Gefangenen erhalten soll. Denn die schädlichen Folgen langer (aber durchaus auch kurzer!) Inhaftierung füllen ganze Bände einschlägiger Fachliteratur.

Wohlgefeilte Gerichtsbeschlüsse, so erfreulich sie für den einzelnen Gefangenen auch sein mögen, beseitigen nicht das Grundübel: Den Knast an sich! Ganz abgesehen davon, zeigt gerade der jahrelange Rechtsstreit von Harry Hase mit der JVA, dass ihm in der Praxis Beschlüsse in den seltensten Fällen etwas nützen; die Anstalt macht einfach weiter wie gewohnt.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
homepage: http://www.freedom-for-thomas.de




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last modified 23.11.2017 | webmaster