de | en


index


texte


soli-aktionen


thomas


links


situation


karikaturen


impressum
Knast als Produkt!

In US-amerikanischen Gefängnissen ist es schon viele Jahre üblich, Merchandising-Produkte zu vertreiben; z.B. in Knästen mit Todestrakten gibt es auch schon mal T-Shirts oder Tassen mit dem Aufdruck: „I survived (Name des Knastes) ...“ zu kaufen.
Auch in Deutschland greift diese Vermarktung des Produkts Gefängnis um sich, ob nun relativ spektakulär in Berlin, wo eigens ein eigenes Modelabel (haeftling) kreiert wurde, oder Hamburg, wo in der JVA Fuhlsbüttel (im Volksmund Santa Fu genannt) T-Shirts mit Aufdrucken wie „Lebenslänglich“, „Freigänger“ oder „Unschuldig“ gefertigt und vertrieben werden.
Mittlerweile dürfte wohl jedes Bundesland über einen Internet-Shop verfügen, in welchem die Leistung von Gefangenenarbeit vermarktet wird. Ein von Gefangenen in Baden-Württemberg als etwas geschmacklos empfundener Werbeslogan, welchen die JVA Bruchsal bspw. auf ihre Plastiktüten und in ihre Inserate drucken lässt, lautet: „Wir lassen Sie nicht sitzen ...“ - so wird der (zwangs)arbeitende Gefangene auch noch verhöhnt, denn er/sie sitzt!

Dass Justizvollzug tatsächlich ein Produkt ist, beweist auch der aktuelle Haushaltsplan des Landes Baden-Württemberg, der kürzlich im Landtag in Stuttgart beraten wurde. Im Haushaltsplan für 2009 heißt es im Einzelplan Justizministerium in Kapitel 0508 Justizvollzugsanstalten (S. 84): „produktorientierte Informationen“. Dort dann Ziffer 2: „Ziele und Messgrößen“. Aufgezählt werden dort in einer Tabelle vier Ziele, wobei die Resozialisierung („Resozialisierenden Strafvollzug durchführen“ lautet das Ziel) erst an dritter Stelle rangiert. An Platz 1 steht „Sichere Unterbringung der Gefangenen gewährleisten“ und Ziel 2 ist der „Effiziente Ressourceneinsatz“.

Auch „Messgrößen zur Zielerreichung“ werden benannt. Der „Sicheren Unterbringung“ ist die Messgröße „Übergriffe unter Gefangenen“ zugeordnet. Für 2006 ein Sollwert von Null, dem ein Istwert von 58 gegenübersteht, 2007 nur noch ein Wert von 54.

Freilich sind wir in Deutschland (noch) nicht soweit, als dass mit der Zwangsarbeit (wer sich an dem Begriff stört, den bitte ich ins Grundgesetz zu schauen, denn dort heißt es in Artikel 12 Absatz 3: „Zwangsarbeit ist nur bei gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung zulässig.“) der Staat Gewinn machen würde.

So fallen für den Justizvollzug in Baden-Württemberg knapp 111 Millionen Euro Personalkosten alleine für die Beamten an (vgl. Haushaltsplan, a.a.O., S. 87). Weitere 15 Millionen Euro kosten die Arbeitnehmer, die keine Beamten sind.
Summa summarum fallen insgesamt 130 Millionen Euro Personalausgaben an (a.a.O., S. 89).

Die Knastbetriebe Baden-Württembergs wurden in einen Landesbetrieb im Sinne der Landeshaushaltsordnung umgewandelt, mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu verstärken (a.a.O., S. 85).
Für 2008 werden Umsatzerlöse von knapp 28 Millionen Euro erwartet, für 2009 schon 28,7 Mio. Euro. Dem stehen ca. 10,9 Mio Euro für Bedienstetenbezüge (2008), sowie 9,9 Mio Euro für die Gefangenenentlohnung (2008) gegenüber.

Der „Erfolgsplan“ 2009 (a.a.O., S. 104) sieht für den Landesbetrieb „Vollzugliches Arbeitswesen“ einen Überschuss von 809 000 Euro vor; bei ziemlich unverändert bleibenden Einnahmen, sollen die Ausgaben erheblich reduziert werden. Wobei offenbar an den Gefangenenlöhnen nicht gespart werden soll, denn hier steigen die (prognostizierten) Ausgaben von 2008 auf 2009 um 2,3 Millionen Euro.

Betrachtet man jedoch die Summe der Erträge für 2008 in Höhe von 40,4 Millionen Euro (2009 werden 40,8 Millionen erwartet), sieht man rasch, dass diese nur knapp ein Drittel der Ausgaben für die Beamten decken würden.
Wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird, insbesondere wenn im August 2009 der Vollbetrieb der teilprivatisierten JVA Offenburg startet, bleibt abzuwarten.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA – Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
http://www.freedom-for-thomas.de
http://www.freedomforthomas.wordpress.com




Creative Commons-Lizenzvertrag           
last modified 23.11.2017 | webmaster