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Misshandlung im Knast?

Misshandlung im Knast? Hamburgs neueste Affäre

Wie die Zeitungen, bzw. das Radio (u.a. der Deutschlandfunk) berichten, wurden im Hamburger Justizvollzug im Jahr 2005 mindestens zwei Gefangene gewaltsam nackt ausgezogen, um dann nackt auf einer Liege fixiert zu werden. In einem Fall soll die Fixierung 20 Stunden angedauert haben.

Noch sind die Berichte widersprüchlich: Laut Neues Deutschland (20.2.2006) habe ein Justizvertreter von zwei "Extremfällen" gesprochen; laut einem Bericht im Deutschlandfunk (20.2.2006) habe das Vergehen der beiden Insassen darin bestanden, sich nicht freiwillig einer mit Entkleidung verbundenen Durchsuchung gestellt, sondern sich hiergegen gewehrt zu haben.

§ 84 Strafvollzugsgesetz gestattet der Anstalt, Gefangene körperlich zu durchsuchen, auch verbunden mit einer Entkleidung. Diese "Durchsuchung" beinhaltet auch, die, wie es in einem Kommentar zu § 84 heißt (vgl. Arloth/Lückemann, Kommentar zum StVollzG, § 84, Rndnr. 5) heißt: "(...) Kontrolle der ohne medizinische Hilfsmittel einsehbaren Körperhöhlen wie Mundhöhle, Gehörgang, Scheide, After durch Besichtigung oder Abtasten".

§ 88 StVollzG wiederum erlaubt die Fesselung und Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum.
Zugleich bestimmt § 81, dass das Verhältnismäßigkeitsgebot stets zu beachten sei.

Folgerichtig argumentiert nun selbst die bürgerliche SPD-Fraktion in der hamburgischen Bürgerschaft, dass Fixierung und nackt Entkleiden in deren Kumulation rechtswidrig sind. Jedoch kam es zu solchen Vorfällen gerade auch in zurückliegenden Jahren, als noch die SPD in Hamburg regierte, so dass es ihr ersichtlich nicht darum geht, Menschenrechtsverletzungen zum Nachteil von Inhaftierten zu brandmarken, sondern dem Justizsenator Kusch das Leben etwas unangenehm zu gestalten.

Kusch, zu Beginn seiner "Karriere" einfacher juristischer Fußsoldat hier in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal, später auch mal stellvertretender Leiter einer Jugendhaftanstalt, wo er verbrannte Erde hinterließ, entwickelt sich immer mehr zu einem Imitat von Ronald Schill.

Erst flog er in die USA, um sich Tipps vom "härtesten Sheriff der Welt" in Arizona zu holen, zwecks Behandlung von Gefangenen, um hier in Deutschland dann loszupoltern: Das verweichlichte Jugendstrafrecht gehöre abgeschafft.

Aber zurück zu den nackten, auf Liegen gefesselten Gefangenen: In der Süddeutschen Zeitung war am 16.2.2006 (Seite 7) ein Bild eines grinsenden Schließers zu sehen, der sich auf einen auf einer Liege fixierten Inhaftierten stützt.
Aufgenommen worden war das Bild, nein nicht in Hamburg, sondern in Abu Ghraib (Irak). Aber wer würde diesem und anderen Gefangenen ohne den photografischen Beweis die Misshandlungen glauben?

Und so hat der Hamburger Justizsenator es leicht, die in Hamburg misshandelten Gefangenen als die Schuldigen ("renitent", "gefährlich") darzustellen und zu diffamieren.

Auch wenn die Zustände in deutschen Gefängnissen noch nicht die Qualität von Guantanamo oder Abu Ghraib in all ihrer Brutalität erreicht haben, was Demütigung (nackt ausziehen beispielsweise) unter dem Etikett von "Sicherheit und Ordnung" anlangt, Fesselung, Fixierung, Isolierung, sind wir keineswegs so weit davon entfernt, wie gerne seitens der Justiz und Politik behauptet wird.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
Homepage: http://www.freedom-for-thomas.de




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last modified 23.11.2017 | webmaster