de | en


index


texte


soli-aktionen


thomas


links


situation


karikaturen


impressum
Strafvollzug – skandalöse Kürzung von Ausführungen

Wer im Gefängnis sitzt, der (oder die) möchte auch einmal selbst sehen und erleben was sich im Laufe der Monate und Jahre „draußen“ verändert hat. Dazu sieht das deutsche Strafvollzugsgesetz unter anderem die von Wärtern durchgeführte Ausführung vor, bei der Gefangene in Privatkleidung, aber unter permanenter Aufsicht von Wärtern, die JVA für wenige Stunden verlassen darf.

So stellte zum Beispiel die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe in Bezug auf einen Strafgefangenen der JVA Bruchsal fest, daß es sich bei einer solchen Ausführung – Zitat – „um eine Behandlungsmaßnahme eigener Art handelt, die gerade bei einem solchen (zu langer Haft verurteilten) Gefangenen auch dazu dienen soll, seine persönlichen Kontakte zu festigen“ (Beschluß vom 06.10. 2003, Az: 151 StVK 375/03). Dabei betonte das Gericht ausdrücklich, es mache einen erheblichen Unterschied, ob Angehörige (oder Freunde) den Insassen in den JVA – Räumen besuchen müßten, oder, ob der Gefangene die JVA – wenn auch unter Bewachung – verlassen und seine Angehörigen in deren Umfeld besuchen dürfe, denn die Leitung der JVA hatte versucht, gegen den Antrag des Gefangenen auf Bewilligung von Ausführungen einzuwenden, daß diese schon deshalb nicht erforderlich wären, weil er schließlich von seinen Bezugspersonen in der JVA besucht werden könne und auch würde.

Gefangene bei denen keine Flucht – oder Mißbrauchgefahr zu befürchten ist, könnten im Regelfall in Bruchsal mit zwei Ausführungen im Jahr von jeweils 8 Stunden rechnen (was sicherlich nicht für einen Hotelvollzug spricht, hat doch ein Jahr 365 Tage von je 24 Stunden). Noch im Oktober 2003 gab es einen „Propagandaartikel“ in der örtlichen Lokalzeitung zu lesen, in welchem sich der Leiter der JVA selbst in ein gutes Licht rücken durfte, ob der – angeblich – so zahlreichen Vollzugslockerungen die hier gewährt würden.

Ende November 2003 freilich wurde ein Zettel an ein „Schwarzes Brett“ im Hafthausbereich geheftet, auf welchem nachgelesen werden konnte, daß Herr Thomas MÜLLER – besagter Leiter der JVA – angeordnet habe, daß künftig pro Jahr nur noch eine einzige Ausführung von 8 Stunden bewilligt würde! Anlaß sei die angespannte Personalsituation (zu wenig Personal, zuviel Überstunden), welche nun auch auf diese Maßnahmen Auswirkungen habe.

Anstatt, daß die baden-württembergische Landesregierung die Gefängnisse angemessen mit Personal ausstattet, wird nun – auch – auf Kosten von Gefangenen gespart; aber nicht nur auf deren Kosten! Künftig werden Insassen, noch weniger vorbereitet auf das Leben nach der Haft, entlassen werden, als dies jetzt schon geschieht. Dies wird die Rückfallrate weiter in die Höhe treiben (womit allerdings nicht die Taten entschuldigt werden sollen). Es hat den Eindruck, als würde Kriminalität nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern regelrecht provoziert werden. Nun bleibt abzuwarten ob sich Gefangene gegen die Entscheidung des Anstaltsleiters wehren werden und falls ja, wie sich die Gerichte dazu stellen!




Creative Commons-Lizenzvertrag           
last modified 23.11.2017 | webmaster