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Knackis – und die Fußball WM ! Chance für eine Gefangenenbewegung ?

Knackis – und die Fußball WM !
Chance für eine Gefangenenbewegung ?


Für knapp vier Wochen, herrschte auch in deutschen Gefängnissen die FIFA – Fußball WM. Von Nord bis Süd, von Ost bis West fieberten die Inhaftierten am Bildschirm oder am Radio mit.
Fielen Tore, so bebten die Knastmauern, denn frenetisch traten und schlugen die in ihren Zellen eingesperrten Häftlinge gegen die Zellentüren. Und das Schreien dazu hallte über die Mauern hinaus...

Während die Wärter es ansonsten nicht goutieren wenn Gefangene gegen die Türen ihrer Zellen treten (es sei exemplarisch an die JVA Tegel/Berlin erinnert, wo vor wenigen Jahren die Schließer einen Gefangenen wie einen Hund an die Leine legten, damit er zwar Bett und Kloschüssel, nicht aber die Zellentüre erreichen konnte um gegen diese zu schlagen), tolerierten sie während der Fußball - WM die Gefühlsausbrüche anstandslos.

Allerdings kommt einem als kritischer Gefangener die alte Losung, welche schon Cäsar beherzigte, in den Sinn : “ panem et circensis “ (= Brot und Spiele).
Will heißen, man gebe dem Volk zu Essen, sowie ferner Unterhaltung – und es ist lammfromm. Nicht anders diejenigen welche die im Knast hocken : das “ panem “ stellt die Anstalt und die “ Spiele “ schauen sie im Fernsehen an.

Ich wünschte mir, jene die so frenetisch und kraftvoll für “ ihre “ Fußballmannschaft jubeln, würden mit gleichem Einsatz für ihre Würde, ihr Menschsein – vor allem ihre Freiheit kämpfen.
Das Potential an Energie, dies zeigt der Lärmpegel während der WM – Wochen ist zweifelsohne vorhanden.

Genügend Konfliktherde im Gefängnisalltag gibt es auch : zum einen werden immer weniger Vollzugslockerungen gewährt, immer mehr Inhaftierte werden nach Vollverbüßung von fünf, acht, zehn oder mehr Jahren von einem auf den anderen Tag auf die Straße gesetzt. Zum anderen hat nun auch der Bundesrat der Föderalismusreform zugestimmt, mit der Folge, dass künftig kein bundeseinheitliches Strafvollzuggesetz mehr die Zustände (und Missstände) in den Knästen “ regelt “, sondern jedes der 16 Bundesländer sein eigenes Gesetz machen wird (zu den Plänen Feindstrafrechtselemente in diese Gesetz einzubringen vgl.
http://www.de.indymedia.org/2006/06/150944.shtml).

Heribert Prantel von der Süddeutschen Zeitung spricht in diesem Zusammenhang von einem erwartbaren “ Wettlauf der Schäbigkeit “, dass nämlich dem Koch´schen
Diktum vom “ härtesten Strafvollzug Deutschlands in Hessen “, den er
- Roland Koch (Ministerpräsident Hessen) – zu Beginn seiner “ Regentschaft “ einführen wollte, folgend, sich die anderen Länder darum streiten werden, die sowieso schon niedrigen Standards weiter zu senken.

Es gäbe, nein ! es gibt also Anlass genug für die Gefangenen in diesem Land – und über die Grenzen hinaus – aufzustehen. Und anstatt genauso folgen – wie sinnlos gegen Türen zu treten, weil Fußballmillionäre einen Ball in ein Tor schießen, ist es an der Zeit wieder einen Blick für die wirklich entscheidenden Dinge zu entwickeln. An vorderster Stelle steht dabei ganz offenkundig die Freilassung !

Immer wieder gelingt es einzelnen Gefangenen durch entschlossenes Handeln ihre Freiheit zu erkämpfen (vgl. Beispiel “ Kampf um Freiheit “ unter
http://www.de.indymedia.org/2006/05/147861.shtml), noch viel öfter freilich, werden sie von Mitgefangenen denunziert und landen dann in Isolationshaft.
“ Brot und Spiele “ machen möglicherweise die Mehrzahl der Gefangenen körperlich wie geistig träge – dann wiederum zeigen jedoch Gefühlsexplosionen wie in den letzten Wochen während der Fußball – WM, dass da vielleicht doch Ressourcen vorhanden sind die nutzbar gemacht werden können.

Wichtig dabei ist ganz ohne Zweifel Unterstützung von “ draußen “ , sei es moralischer oder pragmatischer Natur, denn bei einem Großteil der Gefangenen muss erst einmal ein Bewusstsein für die eigene Würde geweckt werden.

Und so hoffe ich , dass die erkennbar gewordenen Potentiale an Kraft, Entschlossenheit und auch Wut, nicht wieder in der Versenkung für erneut 4 Jahre bis zur nächsten WM verschwinden ... Oder um Herbert Grönemeyers Fußball – WM Hymne zu zitieren “ Wenn jetzt nichts geht, geht etwas verkehrt ! “

Thomas Meyer – Falk,
z.Zt. JVA – Z. 3117,
Schönbornstrasse 32,
D- 76646 Bruchsal,
http://www.freedom-for-thomas.de





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last modified 23.11.2017 | webmaster