de | en


index


texte


soli-aktionen


thomas


links


situation


karikaturen


impressum
Meinungsfreiheit a la Düsseldorfer Landrecht?

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf läuft seit 2004 vor dem Staatsschutzsenat, unter Vorsitz von Richter BREIDLING ein Prozess gegen drei Männer aus dem Nahen Osten. Sie werden beschuldigt, Mitglieder der als „terroristischer Vereinigung“ eingestuften Al-Thawid-Gruppierung zu sein.

Mit Mohamed D. – dem angeblichen „Deutschland-Chef“ – stehe ich seit 2002 in Kontakt, da wir in Stuttgart-Stammheim in der Sicherheitsabteilung in benachbarten Zellen lebten und uns von Fenster zu Fenster unterhielten. Im letzten Jahr schickte er mir einen „offenen Brief an die Medien“, denn er fühlt sich zu Unrecht als islamischer Terrorist und Statthalter Al-Sarkawis verunglimpft (sein offener Brief ist zu finden unter: “ Offener Brief eines wegen Terrorismusverdacht angeklagten Arabers“). Übernommen wurde seine Bitte um Mäßigung u.a. von der Zeitschrift Intifada ( deren Homepage hier unter dem Datum 10.12.2004), aber auch übersetzt auf Niederländisch und veröffentlicht in „DeNar“.

Alle Versuche, Mohamed die eben genannten Zeitschriften per Post zu übersenden, scheiterten am Oberlandesgericht. Jüngstes Beispiel vom Mai diesen Jahres: Ich versuchte, Mohamed die Sonderausgabe der Rote Hilfe e.V.-Beilage zum 18. März 2005 (Internationaler Tag der politischen Gefangenen) zuzusenden. Das Gericht hielt das Exemplar an, weigert sich, es mir zurück zu geben und mich über die Gründe zu informieren. Mohameds Versuche, mir die Anhalteanordnungen bzgl. solcher Zeitschriften zu übersenden, scheiterten seiner Aussage nach, da das OLG es ihm verboten habe, mir die Verfügungen zuzuschicken. Bemühungen Mohameds, mir weitere „offene Briefe“ über seine Lage, sowie seine Einschätzung des Prozesses zukommen zu lassen, wussten die Richter ebenso zu verhindern. Ob das damit zu tun hat, dass das Bild von den „bösen islamischen Terroristen“ nicht gestört werden soll, bleibt offen. Mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit scheint man jedenfalls nicht bis in alle Feinheiten vertraut. Seine Anwälte erlebt Mohamed nicht als sonderlich motiviert; in seinem jüngsten Brief schreibt er, er habe vergeblich versucht, sie zu mehr Engagement aufzufordern.

In Mohameds Fall kommt erschwerend hinzu, dass er auf seine ihm zwangsweise zugeteilten Pflichtverteidiger angewiesen ist, denn da ihn die UNO und die EU auf eine „Terroristen-Liste gesetzt haben, ist es bei Androhung von Strafe verboten, ihn (bzw. alle auf dieser Liste stehenden Personen) finanziell oder sonst wie materiell zu unterstützen. Um ihm einmalig 20 Euro zukommen zu lassen, bedurfte es einer Sondererlaubnis der Deutschen Bundesbank (wobei diese nun meine Daten gerne 20 Jahre speichern möchte, da ich diese Erlaubnis beantragt hatte. Ob sie dies darf, prüft zur Zeit der Bundesbeauftragte für Datenschutz). Eigene Vertrauensanwälte zu beauftragen, kommt also nicht in Frage.

Eigentlich sollte es Aufgabe der Anwälte von Mohamed D. sein, gegebenenfalls Verfassungsbeschwerde gegen Anordnungen des Gerichts zu erheben oder zumindest eine offensive Medienarbeit für ihren Mandanten zu arrangieren, damit der in den Zeitungen, Zeitschriften und im Fernsehen längst erfolgten Vorverurteilung etwas entgegen gesetzt wird.

Der einzig positive Lichtblick, der aber offenbar nicht den Anwälten zu verdanken ist, ist der Umstand, dass nach nunmehr drei Jahre dauernder Isolierhaft, Mohamed seit wenigen Wochen mit Mitgefangenen in den Hof und in Freizeitgruppen darf. Er erlebt dies als ungemeine psychische Entlastung.




Creative Commons-Lizenzvertrag           
last modified 21.11.2017 | webmaster