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5 Jahre Isolationshaft

Vor einem Jahr nahm ich den 4. Jahrestag ununterbrochener Isolationshaft zum Anlass, selbige unter dem Blickwinkel der Menschenrechtskonvention näher zu beleuchten ( "4 Jahre Isolationshaft"), und auch zum 5. „Jahrestag“ möchte ich mich zu dieser Thematik zu Wort melden.

Mitunter gibt es, auch in linken Zusammenhängen, eine Begriffsverwirrung: Isohaft, Einzelhaft, Einzelzelle. Nun, um mit letzterem zu beginnen, die Einzelzelle steht im Grunde allen Gefangenen zu (zumindest soweit die entsprechende Haftanstalt nach 1977 erbaut wurde); d.h. er/sie hat auf diese Weise einen minimalen Raum an Privatsphäre, verbringt den nächtlichen Zellenverschluss alleine (wobei in den meisten Anstalten auch „Nachtumschluss“ möglich ist, ein/e Gefangene/r lässt sich für die Nacht zu einem/einer Mitgefangenen in dessen/deren Zelle einschließen), die Tagesstunden jedoch in sozialer Gemeinschaft (Freizeit, Zwangsarbeit, etc.).

Einzelhaft wiederum ist der juristische Begriff für das was gemeinhin als Iso-/Isolationshaft bezeichnet wird (vgl. § 89 StrVollzGes) und bedeutet die unausgesetzte Absonderung von allen anderen Gefangenen: keine gemeinsame Freizeit, keine gemeinsame Zwangsarbeit, kein „Umschluss“. Mensch sitzt 23 Stunden des Tages alleine in der Einzelzelle und verbringt auch die Hofstunde alleine (wobei laut § 89 StrVollzGes die Einzelhaft auch dann Einzelhaft ist, wenn ein/e Gefangene/r ausnahmsweise mit anderen Gefangenen die Hofstunde, d.h. Spaziergang im Gefängnishof, verbringen darf).

Ich wurde am 12. Oktober 1996 verhaftet und landete sogleich in Einzelhaft, könnte also dieses Jahr den 7. Jahrestag in Isolation notieren, im Jahre 1998 gab es jedoch eine wenige Wochen dauernde „Auflockerung“ der Isolationshaft, weshalb am 3.8.2003 exakt 5 Jahre ununterbrochene Isolation besteht.

5 Jahre, 7 Jahre!? Was passiert in einer solchen Zeitspanne? Ein kleines Baby wächst heran und geht dann das erste Mal in die Schule; oder nach der Grundschule reift das Kind in 7 Jahren zum Teenager, befindet sich mitten in der Pubertät. Wie auch immer, es ist eine lange Zeit und an Klaustrophobie sollte mensch hier nicht leiden. Aber ich bin kein Märtyrer, nein, das bin ich nicht! „Hier stehe ich nun und kann nicht anders“, so sprach Martin Luther einmal; und auch wenn ich mit Religion und folglich auch mit Luther nichts gemein habe, so verstehe ich ihn doch und was er mit diesem auf den ersten Blick recht schlicht klingenden Satz sagen wollte. Sicher, theoretisch habe ich Handlungsalternativen, könnte „Kompromisse“ mit der Justiz schließen, das tun was im Jargon der Gefangenen „schleimen“ genannt wird – aber nur in der Theorie, denn derartiges kann ich nicht, es liefe meinen (politischen) Einstellungen völlig zuwider.

Die alltäglichen Schikanen und entwürdigenden Behandlungen (z.Zt. denkt beispielsweise das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde von mir nach, ob die wöchentliche Durchsuchungen meiner Person, verbunden mit nackt ausziehen, gegen die Menschenwürde verstoßen) sorgen jedoch nicht etwa dafür, dass ich langsam mürbe werde, sondern vielmehr bekräftigen sie mich in meiner Überzeugung auf dem richtigen Weg zu sein. Wir – und damit meine ich uns alle – dürfen nicht (feige) zurückweichen oder kaum weht der Wind uns stürmisch ins Gesicht Kompromisse mit dem Staat, bzw. der Justiz suchen (z.B. Aussagen bei Polizei, Staatsanwaltschaft machen, um so selbst besser weg zu kommen).




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last modified 21.11.2017 | webmaster