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Herr H. landete in Einzelhaft- über den Gerichtsbeschluss



Vor einigen Wochen berichtete ich darüber wie ein Mitinsasse in der Justizvollzugsanstalt Freiburg in Einzel- sprich Isolationshaft landete (https://de.indymedia.org/node/42318), weil er angeblich über persönliche Daten des Leiters der Sicherungsverwahrung verfüge. Ein Gericht hatte per Eilentscheid vorläufig außer Vollzug gesetzt. Davon hatte Herr H. jedoch dann garnichts.

Die Vorgeschichte

Herr H. sitzt seit über 20 Jahren in Haft und wurde, auch in Folge zweier Geiselnahmen von Gefängnis zu Gefängnis verlegt. Zuletzt kam er in die Freiburger Sicherungsverwahrung, wo es von Anfang an knirschte, denn für ihn stellten die vollzuglichen Gegebenheiten eine Zumutung dar. Er kannte die Haftbedingungen in anderen Bundesländern, darunter Bayern, und dot seien die Zellen wesentlich größer, es gebe viel bessere Bewegungs- und Sportmöglichkeiten. Kurz gesagt, die Justizvollzugsanstalt Freiburg sei, so Herr H. eine „Drecksanstalt“.

Mit dem Vollzugsleiter der Sicherungsverwahrung in Freiburg, dem Sozialpädagogen Thomas G. geriet er bald in Streit und schließlich soll er diesem gegenüber bekundet haben, er kenne dessen Geburtsort sowie das Geburtsdatum.

Die harsche Reaktion der Anstaltsleitung

Herr H. wurde daraufhin in Einzelhaft gesteckt, wie die unausgesetzte Absonderung von anderen Insassen technisch heißt, jedoch besser bekannt unter dem Begriff Isolationshaft. Plötzlich saß er im Iso-Trakt der Strafanstalt, seit jeher wird dieser Trakt „Gaza-Streifen“ genannt. Von dort meldete Herr H. sich in einigen Briefen per „Hauspost“ und berichtete von der Isolation, die er aber ganz gefasst ertrage, denn durch frühere Geiselnahmen im Strafvollzug waren ihm noch schlimmere Haftbedingungen vertraut.

Jedenfalls schrieb er umgehend einen Antrag an das zuständige Landgericht Freiburg und beantragte dort die Einzelhaft unverzüglich aufzuheben.

Der Gerichtsbeschluss vom 21.10.2019

Auf seinen Antrag vom 11.10.2019 ordnete das LG Freiburg (Az. 13 StVK 712/19) schon am 21. Oktober 2019 vorläufigen Rechtsschutz an. Die Absonderung, sie ist hiermit „bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig ausgesetzt“, so der Richter. Die Details der Begründung finden sich in dem 7-seitigen Beschluss des Gerichts, der als PDF-Datei zusammen mit diesem Artikel online gestellt wird. Eigentlich muss einen solchen Beschluss eine Behörde sofort befolgen, es gibt für sie kein Rechtsmittel (anders als in anderen Rechtszweigen).

Herr H. wird nach Bayern verlegt

Wie mit Herr H. später aus Straubing (Bayern) schrieb, habe ihm ein Sicherheitsbeamter der Justizvollzugsanstalt Freiburg mündlich eröffnet, die Anstalt werde den Beschluss nicht befolgen. Stattdessen sei man am Folgetag erschienen um ihn per Einzeltransport, von Beamten der Abt. Sicherungsverwahrung, nach Straubing zu verlegen. Dort befinde er sich unverändert in Einzelhaft und wehre sich nun vor dem dortigen Gericht gegen die Maßnahme.

Was bleibt…..

Es bleib ein übler Nachgeschmack. Die Anstalt ordnet schärfste Sicherheits- und Isolationsmaßnahmen an, ein Gericht setzt die Vollstreckung der Isolation aus- und die Anstalt reagiert mit einer Verlegung des Insassen in eine andere Haftanstalt. Professor Dr. Feest (Universität Bremen) schuf, zusammen mit einem Richterkollegen, vor Jahrzehnten hierfür den Begriff der „Renitenz der Vollzugsbehörde“. Denn immer wieder machen Gefängnisse Schlagzeilen damit, dass sie Gerichtsentscheidungen ignorieren.

An die Insassen geht damit das Signal, dass sie sich soviel an Gerichte wenden können wie sie wollen, wenn es darauf ankommt, wird eine Entscheidung nicht zwingend befolgt werden. An die Gerichte wird die Botschaft gesandt, dass man in der Behörde schon immer noch selbst entscheide was Recht und Gesetz ist- und nicht etwa das Gericht.

Herr H. beabsichtigt das Land Baden-Württemberg für die ihm widerfahrene Behandlung auf Schmerzensgeld zu verklagen.

Datei:
https://de.indymedia.org/sites/default/files/2020/01/beschluss.pdf




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last modified 16.01.2020 | webmaster