de | en


index


texte


soli-aktionen


thomas


links


situation


karikaturen


impressum
Zensur im Strafvollzug?

Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz bestimmt, daß ein jeder das Recht habe, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Eine Zensur, so der genannte Artikel weiter, ?findet nicht statt?.


Das Strafvollzugsgesetz kennt jedoch zahlreiche Einschränkungen des genannten Grundrechts. Gemäß §31 Abs.1 StrVollzG kann der Anstaltsleiter (nur nebenbei: eine Anstaltsleiterin ist dem Gesetzgeber offensichtliche fremd) Schreiben die die Gefangenen schreiben oder empfangen konfiszieren,
wenn das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre,

wenn die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,

wenn sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,

wenn sie grobe Beleidigungen enthalten,

wenn sie die Eingliederung eines anderen Gefangenen gefährden können oder

wenn sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.

Aus eigener Erfahrung könnte ich duzende Zensuraktionen benennen, denn die jeweiligen Vollzugsanstalten in denen ich seit 1996 einsaß, haben regen Gebrauch gemacht von ihrer Ermächtigung Briefe zu konfiszieren.


Damit sie diese überhaupt anhalten können wird freilich vorausgesetzt daß sie die Briefe lesen, d.h. inhaltlich zur Kenntnis nehmen.


Und so landet auch das Grundrecht aus Artikel 10 Absatz 1 Grundgesetz (?Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich?) auch dem Müllhaufen, denn so gut wie kein Grundrecht wird vorbehaltlos und ohne Einschränkungen gewährleistet. (am berüchtigsten ist wohl Art. 16a GG Abs.1 lautet: ?Politisch Verfolgte genießen Asylrecht? ? d.h. 4 Worte! ? und in den nachfolgenden vier Absätzen(!) wird dieses Grundrecht zur Bedeutungslosigkeit verstümmelt).


Gefangene haben gemäß §§ 109 ff StrVollzG freilich das Recht Zensuraktionen der Haftanstalten gerichtlich prüfen zu lassen. So mißbilligte das Oberlandesgericht Karlsruhe 2001 in mehreren von mir angestrengten Verfahren Zensurverfügungen der JVA Bruchsal: Az. 1Ws19/01-25.06.01


Der Vorwurf von mir in einem Artikel an die Justiz, daß sie ?militant antikommunistisch? eingestellt sei und der Artikel per e-mail verteilt werden solle, tangiere weder die Sicherheit, noch die Ordnung in der JVA
Auch die Unterzeichnung des Aufrufes mit ?revolutionärer Kriegsgefangener? sei unschädlich. Az. 1Ws87/01-25.09.01


Ein Leserbrief an ?Die Polizei? (Gewerkschaftszeitung der Polizei) von Juni 2000 durfte nicht deshalb angehalten werden, weil ich in angeblich provozierender Weise die Frage stellte, weshalb doitsche PolizistInnen zwar massiv für ihre im Dienst getöteten KollegInnen demonstrierten, nicht aber ebenso engagiert für von Polizeigewalt betroffene Opfer von PolizistInnen. Das OLG warf der JVA und dem Landgericht vor, Art. 5 GG mißachtet zu haben.


Ein Brief an den Verfassungsschutz durfte die JVA nicht deshalb konfiszieren, weil ich dort einen ?rechtsextremistische Verdachtsfall? schilderte und einen Vollzugsbeamten, der plötzlich mit Glatze auftrat und die Frage ob er sich als Skinhead sehe bejahte, namentlich dem VS zur Kenntnis bringen wollte. (ob angeregt durch diesen über 1 Jahr geführten Rechtsstreit über die Konfiszierung dieses Briefes oder nicht sei dahingestellt, dieser Vollzugsbeamte trägt jedenfalls heute ? wieder ? Haare und gar einen Oberlippenbart! Dies lässt freilich keine Aussage über seine Gesinnung zu. In der Isozelle in der ich sitze erreichte mich das Gerücht, er sei wegen Körperverletzung zum Nachteil eines Insassen angeklagt.)


Am 21. Mai 2002 konfiszierte die JVA Bruchsal einen von mir geschriebenen Artikel, der sich mit der Erschießung des niederländischen Politikers Pim Fortuyn auseinandersetzte, da durch die Absendung meine ?Resozialisierung? gefährdet und da ich die Erschießung politischer Gegner rechtfertigen würde. Nun wird, aufgrund eines Antrages von mir, in 1. Instanz das Landgericht Karlsruhe zu entscheiden haben, ob die Anhaltung rechtmäßig war. Bemerkenswert ist, daß am 23. Mai 2002 der US-Präsident Bush im Bundestag in Berlin stehend von der gesamten PolitikerInnen-Prominenz beklatscht wurde für seine ?War-and-evil?-Rede. Wir alle kennen die bedingungslose Solidarität der doitschen Regierung mit den US-Feldzügen gegen andere Staaten.
D.h. die deutsche Regierung legitimiert Übergriffe auf andere Staaten ? alles freilich unter dem Deckmantel der ?Menschenrechte? ? und auch die Tötung von Menschen zur Durchsetzung der US-Wünsche.


Dies läßt den Schluß zu, das zwar die Befürwortung solcher durch den Staat vollstreckten Tötungen zulässig ist und auch keine ?Resozialisierung? gefährdet, wenn aber die herrschende Klasse Ziel vergleichbarer Aktionen werden soll, dann eine Gefährdung der ?Resozialisierung? nach der Denkweise zumindest der JVA-Vertreterin zu besorgen ist. Man darf gespannt sein, wie das LG Karlsruhe entscheiden wird.




Creative Commons-Lizenzvertrag           
last modified 23.11.2017 | webmaster