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Zwischenruf: anonymisierte Staatsbedienstete

Da meine Texte auch auf Internetforen gepostet werden, gab es nun schon mehrfach kritische Stimmen zu lesen, wenn ich Namen von z.B. Strafvollzugsbediensteten anonymisierte (vgl. http://de.indymedia.org/2003/06/53325.shtml), und zumindest der sachliche Kern dieser Kritik erscheint mir eine Stellungnahme wert.

Vorauszuschicken ist folgendes: Ich sitze hier in einem Gefängnis in Isolationshaft, bin also geradezu gezwungen, meine Texte auf dem regulären Postwege, d.h. durch die Zensur der Anstaltsleitung der Vollzugsanstalt zu schicken, damit diese sodann "draussen" abgetippt und gepostet werden können.
Beliebt es der JVA (=Justizvollzugsanstalt), so kann sie Briefe konfiszieren, soweit sie der Ansicht ist, die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen vor
( Text).
Hiergegen anzustrengende Gerichtsverfahren dauern selten weniger als ein, in der Regel auch zwei und mehr Jahre. Will heissen: In ein oder zwei Jahren interessiert es sicher wohl kaum jemanden, was ich zu einem Thema zu sagen hatte, welches vor 1-2 Jahren aktuell war. Und tatsächlich dürfen sich auch Vollzugsbedienstete auf das Recht auf Privatsphäre berufen. Es ist jedoch nicht vorauseilender Gehorsam, der mich Namen in der Regel anonymisieren lässt, sondern die pragmatische Überlegung, der JVA durch die Anonymisierung die - mögliche - Grundlage für eine Konfiszierung der Briefsendung zu nehmen. Ausserdem dürfte der/die durchschnittlich begabte und auch durchschnittlich intelligente LeserIn, ohne weiteres selbst, so ihn/sie die Namen interessieren, diese in Erfahrung bringen können.

Und noch einen zweiten Grund möchte ich anführen: Letztlich ist der Name der entsprechenden VollzugsmitarbeiterInnen völlig unerheblich und der Informationswert tendiert gegen null. Selbstverständlich sind Behörden nicht gesichtslos, jede Behörde besteht aus Einzelpersonen, die für sie tätig sind und in deren Namen, wie erst recht im Namen "des Staates", sie ihre Verfügungen erlassen. Letztlich sind sie jedoch austauschbar, ohne wirkliche eigene Identität, denn wäre ihnen an Freiheit und Befreiung, an Entfaltung und der Vielfalt des Lebens gelegen, so würden sie nicht in den und für den repressiven Staatsapparat Tag für Tag arbeiten!




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last modified 23.11.2017 | webmaster